»Gestalttherapie ist ein existentieller, erfahrungszentrierter und experimenteller Ansatz« schreibt Laura Perls, eine Mitbegründerin der Gestalttherapie. Inwiefern ein psychotherapeutisches Arbeiten »existentiell« ist, sei hier mit Impulsen der einer philosophischen Phänomenologie sowie Existenzphilosophie erläutert.
Die Psychotherapie wird dann »existentiell«, wenn es nicht nur um die Themen geht, die Klient*innen in Einheiten beschäftigen – wie etwa Konflikte mit den Eltern, Bedürfnisse in der Partnerschaft oder Abgrenzungen im beruflichen Kontext; sondern »tiefere« Schichten den Themen präsent werden.
Beispielsweise wenn ein Klient sich »schuldig« fühlt, weil »ich meine Lebenszeit nicht nutze« und er versucht, diesen Anspruch im Alltag wegzuschieben. Solche »existentielle Schichten« sind üblicherweise nicht abstrakt und (philosophisch) versprachlicht, sondern eine tiefgründige Facette eines Gesamterlebens im Alltag.
»Existentielle Therapie« heißt es, dieses Erleben ausdrücklich zu benennen und zum Thema in der Psychotherapie zu machen.
Eine ausführliche Darstellung zur Existenziellen Therapie und meiner Herangehensweise hierbei finden Sie in meinem Beitrag zum Podcast »Auf der Couch« (2023).
Meiner Erfahrung sind nicht alle Klient*innen mit einer solchen Wahrnehmung von Existentiellem beschäftigt. Jene, denen es ein Anliegen ist, über das eigene Leben, die eigene Sterblichkeit oder die Sterblichkeit Anderer nachzudenken, oder sich auch gerne auf Friedhöfen aufhalten, werden häufig von Anderen als »anders« oder »sonderbar« erlebt. Ihre Wahrnehmung wird auch als »dunkel« oder »dunkle Seite« abgetan.
Aus psychotherapeutischer Sicht möchte ich hier anstelle von einer »existentiellen Sensibilität« oder einer »existenziellen Hellhörigkeit« (in Anlehnung an Alice Holzhey-Kunz) sprechen. Es sind Menschen, die von einer »für gewöhnlich unter dem Schleier der Alltäglichkeit verhüllte Ungeborgenheit der Existenz« (Thomas Fuchs) in Anspruch genommen werden und
Antworten und Orientierung zu existentiellen Fragen suchen.
Meiner Einschätzung nach, ist eine solche »existentielle Sensibilität« Flucht und Segen zugleich. Einerseits ermöglicht sie einen innigen Bezug zum Leben, eine Tiefe und gesteigerte Wahrnehmung, die in produktiver Weiser zu einer Entschlossenheit und zu den »ureigensten Möglichkeiten« (Martin Heidegger) im Angesicht einer limitierten Lebenszeit anhält. Andererseits bringt sie eine eigene Verletzbarkeit mit sich, die der Psychiater und Philosoph Thoms Fuchs etwa »existentielle Vulnerabilität« nennt, die sich in Gedankenkreisen oder gelegentlichen Schlafstörungen niederschlagen kann.
»Existentielle Verletzbarkeit« nennt der Psychiater und Philosoph Thomas Fuchs Erfahrungen, in denen eine einzelne Personen eine Überforderung mit den Grundbedingungen unseres Mensch-Seins und unserer Existenz erlebt.
Solche Überforderungen sind dabei konkreten Themen unserer alltäglichen Lebenswelt eingeschrieben: Etwa in der Schwangerschaft, eine Verantwortung für jemanden tragen zu müssen; bei einer angedachten Kündigung mit der Freiheit, wählen zu können und wählen zu müssen, konfrontiert zu sein; anhand der Gebrechlichkeit des von der Mutter geliebten Hundes der Sterblichkeit einer geliebten Person zu begegnen (»Wenn der Hund stirbt, wird meine Mutter noch mehr alleine und dann noch weniger gefordert sein«).
Die Unausweichlichkeit der Freiheit, eine Last der Verantwortung, die Anfälligkeit unseres Leibes, eine Unvertretbarkeit meiner Existenz, die unerbittliche Endlichkeit von uns und Anderen – all jene Motive einer »conditio humana«, einer Grundbedingung unseres Mensch-Seins, können uns in den alltäglichen Belangen überfordern und leiden lassen. Sie werden erlebbar in Gefühlen der Angst, Schuld, Scham, des Ekels, der Leere, der Langweile oder der Fremdheit.
In alltäglichen Belangen bricht also eine »existentielle Abgründigkeit« auf und wird bedrohlich oder belastend erlebt. Eine existentielle Psychotherapie gibt solchen Erfahrungen und Erlebnisanteilen einen Raum sowie eine Sprache, um die Erfahrungen zugänglich zu machen und im gemeinsamen Austausch zu einer solchen Vulnerabilität, die ausnahmslos für alle von uns gilt, zu bearbeiten. Die Frage, die mir als Psychotherapeut hierzu am wichtigsten erscheint, ist die Frage:
In der Psychotherapie geht es dann darum, gemeinsam eine Antwort für Sie und Ihr Leben zu finden und an einem Bild von einem Leben zu erarbeiten, das Sie als »gut genützte Lebenszeit« erleben. Eine existentielle Orientierung für ihr eigenes Leben ist dann das Ziel der Psychotherapie. Persönlich finde ich es in außerordentlicher Weise faszinierend zu sehen, wie sich eine solche
im Prozess des gemeinsamen Arbeitens
kreativ ausbildet und
neu entsteht. Existentielle Psychotherapie ist dann auch der Rahmen, in dem Sie
die Bildung von neuen Sinn als kreatives Antworten selbst erleben können.
Wenn Sie eine Psychotherapie beginnen wollen, lade ich Sie zu einem kostenlosen Kennenlernen ein. Rufen Sie mich an oder schreiben Sie mir ein E-Mail. Gerne begleite ich Sie mit Wärme und Mitgefühl.